„Wenn MoVe35 kommt, darf ich mit dem Auto nicht mehr in die Stadt“.
Das stimmt so nicht: Es wird keinerlei Verbotsregelungen geben. Jede*r darf auch zukünftig selbst entscheiden, wie er*/sie* in die Stadt fahren möchte. Ziel von MoVe 35 ist es, attraktive Alternativen zu schaffen – und somit den Anteil des motorisierten Individualverkehrs am Gesamtverkehrs-aufkommen zu senken. Maßnahmen wie ein Halbstundentakt der Stadtbusse aus den Außenstadtteilen, ein dichteres Radwegenetz sowie ein neuer Bahnhaltepunkt „Marburg-Mitte“ sollen es zukünftig leichter machen, für die Fahrt in die Stadt öfter auch mal auf das Auto zu verzichten. Denn klar ist: Wollen wir dem Klimawandel ernsthaft entgegentreten ist es zwingend notwendig, dass der Ausstoß von klimaschädlichen Abgasen drastisch reduziert werden muss.
„Mit MoVe35 werden Parkplätze abgebaut“.
Ja, das stimmt – zumindest teilweise. Eine der Maßnahmen, die mit MoVe35 kommen wird, ist tatsächlich der Abbau von Parkplätzen. Hier wird sich aber insbesondere auf jene Bereiche konzentriert, in denen Autos überdimensional viel Straßenraum einnehmen.
Die Parkplätze sollen jedoch nicht komplett verschwinden, sondern vermehrt in Parkhäuser überführt werden. Das gilt sowohl für den Stadtbesuch am Wochenende, aber auch für das tägliche Anwohner*innenparken, das mehr und mehr inQuartiersparkhäuser verlagert werden soll. Vermutlich muss man in diesem Fall ein paar Meter mehr zum eigenen Auto laufen – dafür steht es aber auch zukünftig vor Wind und Wetter geschützt in der Quartiersgarage. Kein schlechter Punkt bei den klimawandelbedingt schon jetzt immer öfter auftretenden Unwettern, oder?
Der freiwerdende Platz soll dann genutzt werden, um beispielsweise schattenspendende Bäume für eine klimawandelgerechtere Stadt zu pflanzen, Spielmöglichkeiten für Kinder zu schaffen, Nextbike-Stationen einzurichten oder auch mehr Außenflächen für die Gastronomie zu ermöglichen. Sprich: Die Aufenthaltsqualität an jenen Plätzen wird sich spürbar erhöhen.
„Mit MoVe35 werden ältere Menschen Probleme haben zum Arzt zu kommen“.
Selbstverständlich werden ältere und auf Hilfe angewiesene Menschen auch weiterhin problemlos ärztliche und sonstige Versorgungseinrichtungen erreichen.
Ein Parkplatzabbau unmittelbar vor Arztpraxen steht nicht zur Diskussion. Generell sind viele Praxen in Marburg – gerade die Fachärzt*innenpraxen – sowieso oft in größeren Gebäudekomplexen (beispielsweise das Gesundheitszentrum am Krekel oder das Erlenringcenter) untergebracht, die häufig eine eigene (Tief-)garage oder einen größeren Parkplatz besitzen. Viele Menschen, die nicht mehr selbst Auto fahren können oder wollen, fahren zudem heute schon mit dem Bus zu ihren Ärzt*innen – und das können sie zukünftig noch zuverlässiger und dichter getaktet.
„Kommt MoVe35, sterben die Geschäfte“.
Viele Menschen argumentieren, dass mit jedem Parkplatz, der vor einem Geschäft verloren geht, automatisch weniger Kund*innen kommen werden. Sie unterschätzen dabei, wie sehr auch die Aufenthaltsqualität vor den Geschäften darüber entscheidet, ob man zum Einkaufsbummel loszieht oder nicht. Dort, wo man vielleicht vorher oder nachher noch im Grünen einen Kaffee trinken kann, ein Schwätzchen vor der Geschäftstüre hält oder seine Kinder unbesorgt toben lassen kann, kauft man lieber und öfter ein. Diese Einschätzungen belegen verschiedene wissenschaftliche Studien, die für viele Städte nachweisen, dass in verkehrsberuhigten Innenstädten die Umsätze sogar angestiegen sind im Vergleich zu vorher. Auch aktuelle Beispiele in Marburg – wie die Bahnhofsstraße oder die Ketzerbach – zeigen, dass erfolgte Parkplatzreduzierungen nicht zwangsläufig zu einem großflächigen Ladensterben führen. Zudem sind auch heute schon Marburger*innen für innerstädtische Ziele anteilsmäßig öfter zu Fuß als mit dem Auto unterwegs.
„Von MoVe35 profitieren nur Radfahrer*innen“.
Falsch. Von MoV35 profitieren alle. Eine höhere Luftqualität, mehr Aufenthaltsflächen zur Naherholung, Leihfahrräder in der ganzen Stadt, mehr Platz und Komfort für Radfahrer*innen und Fußgänger*innen, weniger Staus durch weniger Verkehr, Bus fahren von früh bis spät im engeren Takt – jeder*r von uns profitiert im Alltag von diesen und anderen Aspekten von MoVe35. Ganz egal, ob man spät abends nach dem Kneipenbesuch noch sicher mit dem Bus nach Hause kommen will, einen Kaffee im verkehrsberuhigten Südviertel trinken möchte, mit dem Auto nach der Arbeit durch die staufreie Ketzerbach fährt, mit dem Nextbike zum Hörsaal düst, den Kinderwagen sicherer durch die Stadt schiebt oder mit dem Rad zum Niederweimarer See fährt – von MoVe35 profitieren wir alle!
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Die Marburger Grünen „begrüßen die Maßnahmen zur Verbesserung des sicheren Fuß- und Radverkehrs, des Ausbaus des Öffentlichen Nahverkehrs und die Gewährleistung der Erreichbarkeit aller Ziele in der Stadt auch durch den Kfz-Verkehr. Da immer mehr Menschen jedoch alternative Mobilitätsformen nutzen, wird es möglich sein, weniger Wege mit dem Auto zurückzulegen. Mit der Zielsetzung den MIV (Motorisierter Individualverkehr) zu reduzieren, wollen wir die Lebensqualität in der Stadt erhöhen“, stellt die Mitgliederversammlung fest. Die Straßen in Marburg sollen auch weiterhin dem Verkehr dienen, darüber hinaus sollen sie Begegnungs- und Bewegungsräume sein, die die Stadt attraktiver für Einkauf, Tourismus, Gastronomie, Freizeit und Kultur machen.
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Rede von Bürgermeisterin Nadine Bernshausen zum Thema Nahverkehrsplan in der Stadtverordnetenversammlung am 29. September 2023
Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsteherin,
liebe Stadtverordnete,
meine Damen und Herren,
es freut mich, dass ich Ihnen heute diesen, ich zitiere einen Stadtverordneten aus dem Bauausschuss, „wunderschönen“ Nahverkehrsplan vorlegen kann, in dem konkrete Vorschläge gemacht werden, den öffentlichen Personennahverkehr in Marburg in den nächsten Jahren deutlich zu verbessern und neue Akzente zu setzen.
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Nahverkehrsplan für die Universitätsstadt Marburg 2023 – 2028 (Move 35)
Liebe Stadtverordnetenvorsteherin,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr verehrte Zuhörer*innen,
Drei Minuten für die Einbringung eines 225-seitigen Nahverkehrsplans– das ist sportlich bis unmöglich. Denn dieses Jahr reichen eigentlich keine Plattitüden wie „pointierte Verbesserungen“ oder die schlichte Erklärung der Neukonzeption von ein oder zwei Stadtbuslinien. Nein: Bei diesem Nahverkehrsplan – und das ist von meiner Seite aus der Dritte, den ich als Bewohner*in Marburgs miterlebe – kann man mit gutem Gewissen von einer Revolution sprechen. Olaf Scholz würde sagen: Es ist ein „Doppel-WUMMS“!
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