Infrastruktur von Bildung und Betreuung ist ein wichtiger Faktor

Rede der Stadtverordneten Lena Frewer zum Haushalt 2024

©Sabine Matzen

Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsteherin, Liebe Kolleg*innen, Liebe Gäste,

ich werfe nun ein paar Schlaglichter auf zentrale Projekte im Bereich Bildung und Kultur, die sich die Koalition in diesem Haushalt vorgenommen hat. Auch wenn es in diesem Bereich mitunter nicht die ganz großen Beträge sind, zeigen sie doch, dass wir vieles was wir uns als Koalition vorgenommen haben, im neuen Haushalt auf den Weg bringen.

Es ist schon angeklungen und wir werden es in dieser Debatte noch häufiger hören: Man kann noch so tolle und ambitionierte Projekte in den Haushalt stellen – sie stehen und fallen alle mit dem Personal, das man in der Verwaltung und bei den Freien Trägern der Jugendhilfe und den freien Kulturschaffenden für die Umsetzung zur Verfügung hat. Sprudelnde Einnahmen nützen nichts, wenn es zu wenig qualifizierte Menschen gibt, um aus Finanzmitteln gute Arbeit und gute Projekte

entstehen zu lassen. Das Problem des Fachkräftemangels beeinflusst also auch notwendigerweise unsere Vorhaben im Bildungs- und Kulturbereich.

Doppelt wichtig ist daher, dem Fachkräftemangel im Rahmen unserer Möglichkeiten vor Ort gegenzusteuern: Ein Schwerpunkt unserer Bildungspolitik ist deshalb die Berufsorientierung bei der Jugendberufshilfe, dem Jugendbildungswerk, der Handwerkskammer und den Schulen. Wir investieren im Haushalt insgesamt 100.000 Euro in die Fachkräftegewinnung. Dazu gehören im Bildungsbereich etwa Projekte, die Jugendliche an Handwerksberufe heranführen mit dem Ziel, diese Ausbildungen attraktiver zu machen. Es geht darum, den Jugendlichen konkrete Wege aufzuzeigen, dass eine Entscheidung für eine Ausbildung eine gewinnbringende Alternative sein kann, nämlich eine Entscheidung für eine sinnstiftende Tätigkeit, die die Gesellschaft am Laufen hält und dringend gebraucht wird. Das ist natürlich nur ein kleiner einzelner Baustein. Kampagnen und Information werden das Problem Fachkräftemangel nicht allein lösen, aber es ist etwas, was wir hier lokal mitsteuern können. Wir investieren zum Beispiel weiter in Projekte der Jugendbauhütte, wo die Jugendlichen pädagogisch und handwerklich angeleitet etwa auf dem Freizeitgelände Stadtwald eine Gruppenhütte errichten und damit einen unmittelbaren Zugang zu einer handwerklichen Tätigkeit erleben und ausprobieren können.

Im Bereich des Jugendbildungswerkes und der Berufsorientierung setzen wir die bewährte Zusammenarbeit mit den Schulen und auch örtlichen Unternehmen fort, um Jugendlichen gute Übergänge von der Schule in die Ausbildung zu ermöglichen. Hier leisten auch unsere bewährten Peer-Group-Projekte, unsere Patenschaften und das Alt-hilft-Jung-Projekt wertvolle Arbeit. Der Erfolg hängt hier auch wesentlich vom Engagement der einzelnen Lehrkräfte ab, herzlichen Dank an dieser Stelle an alle Beteiligte, die die jeweiligen Programme zum Teil mit großem Engagement auf die Beine stellen.

Was macht unsere Bildungspolitik in Marburg noch aus? Vor allem die Jahre vor der Einschulung prägen die Bildungsbiographien von Kindern ganz entscheidend. Unsere Aufgabe ist es, die Krippen, die Kindertagespflege und die Kitas vor Ort so gut auszustatten, dass sich soziale Unterschiede aus den Elternhäusern so gut wie möglich ausgleichen.

Zur guten Ausstattung gehört natürlich zum einen die pädagogische Qualität. Die kann nur gewährleistet sein, wenn ausreichend Personal da ist. Dazu haben wir ein Entlastungspaket für die Kitas auf den Weg gebracht mit einer Fachkräftekampagne und einem Nachwuchsförderprogramm, aber auch psychologische Begleitung für die Teams. Wir unterstützen die Einrichtungen auch mit Assistenzpersonal, denn wie in vielen anderen Branchen auch nehmen die Verwaltungsaufgaben auch im Kita-Bereich mehr und mehr zu. Die Dokumentationspflichten und die Kommunikation mit Eltern beanspruchen immer mehr Zeit der Erzieher*innen. Zeit, die am Ende für die Betreuung der Kinder fehlt, was sich langfristig auch auf die Qualität der pädagogischen Arbeit auswirkt und den Beruf auch nicht unbedingt attraktiver macht. Hier schafft der Magistrat Abhilfe, indem Mittel für Verwaltungsassistenzen und Hauswirtschaftspersonal zur Verfügung gestellt werden, die Erzieher*innen aktiv unterstützten und die betrieblichen Abläufe damit ganz entscheidend entlasten.

Neben der personellen Ebene arbeiten wir in der Koalition auch daran, die bauliche Situation unserer Marburger Kitas zu verbessern. Hier sind wir in der Umsetzung eines Kindergartenbauprogramms. Wir haben für 2024 Gelder eingestellt für eine umfangreiche Sanierung und Erweiterung des Familienzentrums Gedankenspiel, wir finanzieren erste Planungsarbeiten für den Neubau der Kita Goldberg, die Dachsanierung der Kita Eisenacher Weg und wir haben auch Mittel eingestellt für die Planung eines vierzügigen Neubaus in Modulbauweise für die Kita Geschwister-Scholl-Straße, den wir bis 2026 fertigstellen wollen. Diese Investitionen sind dringend notwendig für uns als Universitäts-, Klinikums-, Wissenschafts- und Pharmastandort. Denn die Infrastruktur von Bildung und Betreuung ist ein wichtiger Faktor für Menschen, wenn es darum geht, sich für Marburg als Lebens- und Arbeitsort zu entscheiden.

Im Bereich Schulbau ist viel passiert und auf dem Weg. Hier sei auf ein größeres Projekt verwiesen, das ansteht: Für die Astrid-Lindgren-Schule und die Richtsberg-Gesamtschule wird es eine Modulbauerweiterung geben. Dadurch schaffen wir schnell Platz für gestiegene Schüler*innenzahlen und die Voraussetzungen für modernen Unterricht in den Gebäuden. Ähnliches gilt für das größte Bauprojekt, der nächsten Jahre, den Neubau an der Erich-Kästner-Schule in Cappel, in die wir für einen Neubau insgesamt ca. 20 Millionen Euro investieren werden. Schulgebäude von heute erfordern offenere Raumkonzepte, die Flexibilität erlauben und neue Formen von freierem, gemeinschaftlichem Lernen möglich machen. Die Schulgebäude aus den 60er und 70er Jahren mit ihren langen Fluren und standardisierten Raumgrößen werden diesen Erfordernissen nicht mehr gerecht. Gleichzeitig kann Abriss und Neubau auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein, wenn wir es mit der Klimaneutralität ernst nehmen wollen. Stattdessen müssen wir im Schulbau dahin kommen, mit den Ressourcen und Infrastrukturen, die wir schon haben, zu arbeiten, neue Elemente sollten in bestehende Strukturen integriert werden statt das Bestehende einfach zu ersetzen. Solange die alten Gebäudebestände genutzt werden können, sollten wir das auch tun, alles andere ist verantwortungslose Verschwendung. Und genau das machen wir mit dieser Modulbauweise: Bestehendes weiternutzen und sinnvoll ergänzen. Dabei achten wir natürlich auch auf Anforderungen an den Klimaschutz: Die neuen Modulgebäude haben einen energetischen Standard von KfW 40, eine Wärmepumpe, PV und Dachbegrünung.

Ein weiterer wichtiger Baustein aus dem Schulbau ist „Lebenswelt Schule“. Zur Entsiegelung von Schulhöfen, Umgestaltung der Außenbereiche und zum Ausbau von Sport- und Freizeitanlagen an unseren Schulen haben wir 350.000 Euro eingestellt.

Das große Thema in der Kulturpolitik in Marburg ist immer noch der Komplex Theater/ Musikschule. Eine gute Lösung für die prekäre räumliche Situation am Schwanhof zu finden, ist hier die zentrale Herausforderung. Insbesondere beim Theater wird klar, dass die Raumfrage nicht nur eine Frage des Platzmangels ist. Hier geht es auch um Arbeitsschutz, wenn die Schauspieler*innen keine ausreichenden Garderoben haben und zum Umziehen teilweise hinter der Bühne draußen quer über den Hof laufen müssen. Unter solchen Bedingungen kann sich unser Landestheater als Arbeitgeber nicht dauerhaft attraktiv halten. Auch in der künstlerischen Qualität können wir in dieser Situation auf Dauer nur verlieren. Wenn wir in der Planung und Weiterentwicklung unseres Theaters – sei es nun die Findung eines neuen Standortes für einen Neubau oder Umbauten und Sanierungen – nicht liefern, wandern uns die guten Leute ab.

An dieser Stelle möchte ich noch einmal die engagierte Arbeit unserer beiden Intendantinnen Eva Lange und Carola Unser-Leichtweiß hervorheben: Sie stellen regelmäßig künstlerisch innovative und hoch renommierte Inszenierungen auf die Beine und setzen sich seit Jahren für equal pay am Theater ein. Im September haben sie dafür den Marburger Gleichberechtigungspreis erhalten. Dass sie noch bis 2028 bei uns am Theater bleiben, freut uns sehr und stimmt zuversichtlich für die weitere Entwicklung unserer Kultur vor Ort.

Die Verantwortlichen aus dem Kulturamt sind schon lange im Gespräch, um eine gute Lösung für den Schwanhof zu finden und wir hoffen, dass diese Arbeit auch mit der neuen Landesregierung konstruktiv weitergeht. Wir konnten aber auch schon einige Verbesserungen erreichen: Endlich gibt es eine neue Probebühne für das Theater, die ausreichend Platz bietet. Mit der Finanzierung der Raummiete leisten wir einen Beitrag für bessere Arbeitsbedingungen am Theater. Solange kein neues Gebäude oder Standort für einen Neubau in Sicht sind, schaffen wir am Schwanhof jetzt Abhilfe durch einen kleinen Erweiterungsbau für mehr Lagerfläche. Baumaßnahmen zur Barrierefreiheit konnten wir auch schon anstoßen, denn wir nehmen den Anspruch ernst, niemanden von Kultur auszuschließen.

Für die Standortfindung der Musikschule und des Theaters haben wir im Haushalt 100.000 Euro eingestellt. Es ist wichtig, dass wir an diesem Prozess dranbleiben, denn so wie die Zustände im aktuellen Gebäude sind, kann es nicht bleiben, gerade die fehlende Barrierefreiheit in der Musikschule ist nicht hinnehmbar. Wir sind über die Anforderungen und Bedürfnisse der Musikschule weiterhin im Gespräch und loten die Möglichkeiten von Sanierung und Neubau weiter aus. Die Musikschule erhält von uns außerdem Zuschüsse, um ihren Mitarbeiter*innen nicht mehr nur als Honorarkräfte anzustellen und sozial besser abzusichern.

Ich freue mich auch, dass wir in diesem Haushalt auch die Waldbühne am Spiegelslustturm unterstützen, damit der Betrieb an dieser einzigartigen Spielstätte weitergehen kann.

Unsere Ausgangslage war auch in diesem Jahr keine einfache, die Krisenlage hat sich nicht gebessert, im Gegenteil. Vieles können wir als Kommune nicht direkt beeinflussen. Doch wir setzen in diesem Haushalt die richtigen sozial-ökologischen Akzente gerade im Kinder- und Jugendbereich, wir gehen vieles an, was wir uns vorgenommen haben. Marburg steht für sehr gute Schulen, für hervorragende Kinderbetreuung und frühkindliche Bildung. Dies alles wollen wir erhalten, das wollen wir stärken, das wollen wir ausbauen. Dafür steht dieser Haushalt.

Vielen Dank

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