Marburg braucht eine Offensive bei Bildung und Digitalisierung

Von Nadine Bernshausen, OB-Kandidatin

Marburg ist eine Bildungs- und Wissenschaftsstadt

Marburg hat ein breit aufgestelltes Schulangebot mit Grundschulen, Förderstufen, Haupt- und Realschulen, Mittelstufenschulen, der Richtsberg-Gesamtschule sowie Gymnasien und berufsbildenden Schulen in Trägerschaft der Stadt Marburg, zum Teil aber auch Schulen in privater Trägerschaft. Daneben bestehen zahlreiche staatliche und private Aus- und Weiterbildungsinstitutionen und nicht zuletzt die Philipps-Universität Marburg mit ihrer fast 500 jährigen Geschichte, die ebenfalls Marburg als Bildungsstandort stärken und prägen und auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor sind.

Diese lange gewachsene und zum Teil in der Tradition von Philipp dem Großmütigen stehende Schullandschaft ist ein großes Plus von Marburg. Dieses muss aber gepflegt und in vielerlei Hinsicht auch weiter entwickelt werden. Hierbei verdienen unsere Lehrerinnen und Lehrer, die Elternschaft wund nicht zuletzt auch die Schülerinnen und Schüler, gehört und einbezogen zu werden. Hier ist dringender Handlungsbedarf.

Marburgs Schulen brauchen wieder mehr Investitionen!

Schule ist Lebenswelt und muss auch als solche wahrgenommen werden. Denn hier verbringen unsere Kinder, unsere Lehrkräfte und die sonstigen schulischen Mitarbeitenden einen Großteil ihrer Zeit. Das heißt, dass Schulen als Lern- und Aufenthaltsorte lebenswert sein müssen. Das setzt ein Umdenken in der Verteilung der Gelder auf allen politischen Ebenen voraus. Aber für Marburg bedeutet es, dass dringend nötige Investitionen in die Bausubstanz endlich angegangen werden müssen. Dabei ist sowohl den Schulen als auch den Eltern klar – soviel ist in den von mir bereits geführten Gesprächen deutlich geworden -, dass aufgrund der hohen Investitionskosten, die anstehen, nicht alles auf einmal gemacht werden kann. Aber klar ist auch: In den vergangenen fünf Jahren ist weniger als in den Jahren zuvor in Marburgs Schulen investiert worden. Das muss sich wieder ändern. Denn soziale Herkunft darf nicht über Bildungserfolg entscheiden. Nicht zuletzt müssen unsere Schulen dafür Sorge tragen, dass wir genügend qualifizierte Kräfte in Handel, Handwerk, Industrieproduktion und der Universität haben.

Bildungsgerechtigkeit jetzt verbessern!

Bildungsgerechtigkeit muss in einer Stadt wie Marburg mehr als ein Schlagwort sein! Gegenwärtig existierende starke Ungleichheiten bei der Frage der Bildungschancen, die durch die Pandemie noch stärker zu Tage getreten sind, sind Aufgabe und Verantwortung. Ich will Marburg als soziale Gemeinschaft gestalten. Nicht nur, weil ich es für geboten halte, sondern weil jede Investition in unsere Kinder eine Investition in die Zukunft ist. Marburg muss in der Tradition Elisabeths von Thüringen eine starke soziale Prägung haben. Dies ist ein Erbe, an das wir wieder anknüpfen müssen. Denn Marburg soll wieder zum sozialen Mittelpunkt werden und dies fängt bei unseren Kindern an.

Marburgs Schulen brauchen eine Bildungsoffensive und eine Digitalisierungsoffensive!

Lehren und Lernen in Zeiten der Corona-Pandemie hat große Schwächen bei der Ausstattung von Marburgs Schulen in Bezug auf die Möglichkeiten des digitalen Unterrichts offen gelegt und hat vor allem auch gezeigt, dass es erhebliche Unterschiede gibt, inwieweit Schülerinnen und Schüler von ihrem häuslichen Umfeld her digitale Bildungsangebote nutzen können.

Das bedeutet auf der einen Seite, dass wir den Herausforderungen, die ein modernes Lernen, Lehren und Arbeiten mit sich bringt, endlich nachkommen müssen. Die Stadt Marburg hat es bislang versäumt, die Gelder, die uns als staatliche Schulträgerin von Bund und Land zur Verfügung stehen, abzurufen. Die Schulen sind auf Jahre hinaus vertröstet worden. Das darf nicht sein! Die Schulen müssen schnell mit belastbarem, stabilen WLAN und optimaler Breitbandanbindung ausgestattet werden, um mit digitalen Angeboten verlässlichen Lehrbetrieb aufnehmen zu können. Die entsprechenden Fördermittel müssen unverzüglich abgerufen und eingesetzt werden!

Gutes Lernen – gesunde Kinder – gleiche Chancen

Mit einer Digitalisierungsoffensive ist die Frage des guten Lernens zu stellen. Hier muss zusammen mit dem Kultusministerium daran gearbeitet werden, dass das digitale Lehren und Lernen sinnvoll in den Schulalltag integriert wird. Medienkompetenz meint nicht nur, dass den Schülerinnen und Schülern der Umgang mit Internet und Computer beigebracht wird, sondern sie umfasst auch die Kompetenz, die Medien sinnvoll einsetzen zu können. Daneben ist wichtig, dass Bewegung an der frischen Luft, Kommunikation und Austausch mit den Mitschülerinnen und Mitschülern und Vermittlung von sozialen Kompetenzen einen hohen Stellenwert behalten. Die Schulen müssen in der Zusammenarbeit mit außerschulischen Kooperationspartnern unter anderem in den Bereichen der Naturbildung und der Inklusion gestärkt werden. Ein Ausbau der Schulsozialarbeit kann hierbei ebenfalls ein wichtiger Baustein sein. Denn Ziel muss es sein, allen unseren Kindern einen guten Start in das Erwachsensein zu ermöglichen, der neben Bildungsgerechtigkeit auch ein hohes Maß an physischer und psychischer Ausgeglichenheit bedeutet. Und dafür sind Bewegung und soziale Kontakte unerlässlich.

Jetzt handeln!

Wir brauchen eine konzertierte Aktion, damit wir schnell Verbesserungen sehen und nachhaltige Lösungen für unsere Schülerinnen und Schüler und die Schulen umsetzen. Als Oberbürgermeisterin von Marburg werde ich für kreative Lösungsansätze stehen. Unsere versierten und engagierten Mitarbeitenden der Stadt sind zu oft gefangen in lähmenden Strukturen und Hierarchien. Ich stehe für Aufbruch und Mut zur flexiblen Problemlösung. Dabei bin ich fest davon überzeugt, dass wir gute Rahmenbedingungen schaffen müssen, damit die Potentiale der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter effektiv und umfänglich genutzt werden können. Dann bekommen Marburgs Schülerinnen und Schüler und die Lehrkräfte endlich das, was schon Anfang letzten Jahres als unerlässlich angesehen wurde, um hybriden oder Wechselunterricht durchführen zu können, die notwendigen schnellen WLAN-Verbindungen und eine optimale Breitbandanbindung. Der Mut wird belohnt werden. Ich will die Verwaltung flexibel entwickeln.

Kurzfristig Mittel zur Verfügung stellen!

Kurzfristig muss die Stadt Mittel umschichten, weil die Schulen unter anderem Geld für die technische Ausstattung zur Arbeit mit Videokonferenzsystemen brauchen. Die Unterhaltung und Ausstattung der Schulräume sind Sache der Stadt und müssen zeitgemäßen Unterricht ermöglichen. Spätestens beim Wechselunterricht oder Hybridunterricht werden Marburgs Schulen leistungsfähigeres WLAN brauchen. Das muss schneller realisiert werden als es der Magistrat derzeit plant. Hier besteht dringender und wichtiger Handlungsbedarf.

Taskforce einrichten!

Wir benötigen eine Art Task Force, die jetzt schnell handelt: Sachkompetenz und Entscheidungskompetenz in deren Hand. Ich möchte Fachleute aus dem großen Pool der Mitarbeitenden der Stadt Marburg bündeln und für umgehende Umsetzung der von ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen sorgen. Gegebenenfalls muss Marburg Dinge vorfinanzieren, um die Schulen unabhängig von langen bürokratischen Abläufen zu machen, denn: den Schülerinnen und Schülern heute nützt es nichts, auf 2024/2025 vertröstet zu werden.

Schnell Gutes umsetzen!

Nach meinen bisherigen Gesprächen erkenne ich den guten Willen bei allen Beteiligten. Das sind beste Voraussetzungen für eine gemeinsame Kraftanstrengung. Gemeinsam mit den politischen Gremien Marburgs, den technischen Fachdiensten, dem Fachdienst Schule der Stadt Marburg, dem Staatlichen Schulamt des Landkreises Marburg-Biedenkopf, den Schulleitungen, den Lehrenden und den Schülerinnen und Schülern werde ich als Oberbürgermeisterin zeitnah viel bewegen und Gutes bewirken!

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