Die Corona-Krise betrifft Marburg in erheblicher Weise

Rede von Dietmar Göttling in der Stadtverordnetenversammlung vom 29.05.2020

Es ist richtig, dass – wie der Oberbürgermeister schreibt -, wir alle gemeinsam dafür Sorge tragen müssen, dass die durch die Krise besonders betroffenen, sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Akteure in Marburg mit möglichst viel Erfolg und möglichst geringem Schaden aus der Krise hervorgehen.

Hierfür gibt es die volle Unterstützung der Grünen und wir haben das deutlich gemacht, in dem wir im März dem 1-Million-Euro Hilfsfonds zur schnellen Hilfe für die von der Krise besonders Betroffenen zugestimmt haben.

Nach ihrer Rückkehr, Herr Oberbürgermeister, hat sich das Bild aber leider geändert, Sie sagen, dass Sie in den letzten drei Wochen zahlreiche Gespräche mit Persönlichkeiten der Stadtgesellschaft und insbesondere aus der Kommunalpolitik geführt haben zur Formulierung dieses neuen Hilfsprogramms. Dies zu tun ist ihr gutes Recht, aber zu den von ihnen ausgewählten Personen aus der Kommunalpolitik gehören offensichtlich nicht Mandatsträger, zumindest nicht der Oppositionsfraktionen, denn die wurden nach meinem Kenntnisstand nicht mit einbezogen?

Wo bleiben die demokratisch gewählten Vertreter*innen der Bürger*innen in diesem Prozedere, die das doch letzlich beschließen müssen??

Die gewählten Komunalpolitiker*innen sind für Sie offenbar nur zum Abnicken ihrer Politik im Nachhinein da. Die SPD-Fraktion mag damit zufrieden sein, wir als Grüne sind es aber nicht, wir haben ein anderes, ein demokratischeres Politikverständnis.

Der Oberbürgermeister behauptet, dass das Programm sozial ausgewogeneine Chance für den Klimaschutzbedeute.

Er kündigt damit mal wieder etwas an, was verbalgut und richtig klingt, was aber in der Konkretion bzw. Praxis leider ganz anders aussieht, denn das Programm ist weder sozial noch eine Chance für den Klimaschutz.

Wie kann ein Programm sozial sein, bei dem unabhängig von der Bedürftigkeit alle Bürger*innen mit Geldgeschenken bedacht werden, egal ob sie Millionär, ob sie Spitzenverdiener oder ob sie arbeitslos sind?

Ist dies das soziale Verständnis von Sozialdemokraten?

Geld gibt es tatsächlich, es ist das Geld der Marburger*innen, was der Oberbürgermeister mit Hinweis auf eine zukünftige schlechte Haushaltslage, aus laufenden Haushalten herausgespart hat, um die Wohltaten dann passend zur Kommunal und Oberbürgermeisterwahlwahl zu verteilen.

Und wenn man gewähltwerden will, muß man allenwas geben, da bleibt dann die soziale Frage unberücksichtigt, deshalb Geldgutscheine für alle.

Da der Wahlkampf schon jetzt begonnen hat, kann man das Geld der Bürger*innen auch schon jetzt ausschütten, als Anreiz für die eigene Wiederwahl.

Und wo bleibt der Klimaschutz in dem Programm? Substanzielle notwendige Maßnahmen sind nicht in dem Programm zu finden, daher ist es weder klimaorientiert noch nachhaltig.

Das ca. 4 Mio. Euro Programm, von dem Oberbürgermeister selbst sagt, dass er hierzu noch keinen Umsetzungsplan habe, ist mit heißer Nadel gestrickt und ein Sammelsurium von Einzelmaßnahmen, die zum Teil gut sind, weil sie in die richtige Richtung gehen.

Aber das Programm ist keineswegs ausgewogen, denn mehr als die Hälfte des Betrages sind für äußerst unsoziale Wahlkampfgeschenke vorgesehen.

Wir Grünen wollen auch sehr gerne helfen, aber es sollen die bekommen, die es auch nötig haben. Deswegen braucht es passgenaue, nachhaltige, wirksame Maßnahmenpakete und dazu braucht es eine sachkundig geführte Debatte und keine Schnellschüsse als Marketingaktion zur Profilierung im Wahlkampf.

Dietmar Göttling

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