Wir stehen für eine lebendige Demokratie, in der sich die Bürger*innen auf unterschiedliche Weise an der Gestaltung der Stadt und dem städtischen Leben beteiligen.
Auch wenn sich die Formen lebendiger Demokratie vielfach überschneiden, sehen wir drei Grundstrukturen der Bürger*innenbeteiligung.
Bürger*innenbeteiligung findet zum einen in der Form statt, dass die Bürger*innen aus ihren Reihen ihre Vertreter*innen für das Stadtparlament wählen. Mit der Wahl dieser Repräsentant*innen der Bevölkerung verbunden ist der Auftrag, über die für die Stadt wichtigen Maßnahmen und über die dafür bereitzustellenden Mittel zu entscheiden sowie deren Umsetzung durch die Stadtregierung zu kontrollieren. Alle fünf Jahre wird in der Kommunalwahl entschieden, ob die zuletzt gewählten Stadtverordneten dem Auftrag der Bürger*innen entsprochen haben, ob sie die Begehren und Vorstellungen der Bürger*innen hinreichend wahrgenommen und in das Parlament eingebracht haben oder nicht. Entsprechend wählen die Bürger*innen das neue Stadtparlament.
Lebendige Demokratie findet jedoch nicht nur in Form der Wahl von Repräsentant*innen der Bürger*innen statt, sondern auch in Formen einer direkten Beteiligung der Bürger*innen. Sie ist bisher in unterschiedlichen, oft auch spontanen Formen erfolgt, wenn z.B. eine von einer geplanten Maßnahme im öffentlichen Raum betroffene Gruppe sich gegen diese engagiert und dafür zu Demonstrationen, Unterschriftenlisten usw. aufgerufen hat, um bei den Entscheidungsträger*innen Änderungen zu erreichen. Mitunter haben sich Gruppen von Bürger*innen, welche die Entwicklung bestimmter Politikbereiche kritisch begleitet haben, auch durch Unterstützung der Stadtverordnetenversammlung oder des Magistrats gebildet und für ihre Änderungsvorschläge so öffentliches Gehör gefunden.
In jüngerer Zeit geht es darum, eine systematische Struktur für Bürger*innenbeteiligung zu entwickeln. Wir wollen eine Form der Beteiligung, welche den Bürger*innen Mitgestaltungsmöglichkeiten eröffnet und sie nicht nur zu Empfängern von Botschaften der Stadtregierung macht. Sie soll die von Bürger*innen vorgetragenen Alternativen ernstnehmen und neu andenken, denn nur, wer andere Perspektiven zu verstehen bereit ist, kann sich auf demokratische Aushandlungsprozesse einlassen und schafft somit eine aktive Stadtbevölkerung. Für eine solche mitgestaltende Bürger*innenbeteiligung sind selbstverständlich bestimmte rechtliche Vorgaben und Kriterien einzuhalten.
Wir GRÜNE wollen:
- eine rechtzeitige Information über wichtige Projekte und Planungen der Stadt, die die Stadtverwaltung in Abstimmung mit dem Stadtparlament erstellt, fortlaufend aktualisiert und öffentlich macht. Beispiele sind große städtebauliche Maßnahmen, Umweltmaßnahmen, z.B. Windkraftbau, Lärmreduzierung, Radwegeausbau u.a.;
- eine niedrigschwellige, barrierefreie Ansprechstelle einrichten, die nicht nur für die Entwicklung und Organisation von Bürger*innenbeteiligungsstrukturen zuständig ist und vorrangig die Interessen der Verwaltung vertritt, sondern für alle Fragen der Bürger*innen zu diesem Komplex offen ist sowie den Bürger*innen Antworten anbietet und Vernetzungen ermöglicht;
- konkrete Bürger*innenbeteiligungsvorhaben durchführen, wenn der Magistrat, die Verwaltung, das Stadtparlament, Ortsbeiräte, das Kinder- und Jugendparlament, der Ausländerbeirat, der Seniorenbeirat oder der Behindertenbeirat dies beantragen. Bei Zustimmung durch das Stadtparlament können dann die erforderlichen Mittel für die Durchführung des Beteiligungsverfahrens bereitgestellt werden;
- konkrete Bürger*innenbeteiligungsvorhaben durchführen, wenn
mindestens 1.000 Unterschriften für eine Bürger*innenbeteiligung bei einem
bestimmten Vorhaben gesammelt wurden; - bei Großprojekten, deren Planung und Umsetzung oft viele Jahre dauert, nicht nur ein einmaliges Beteiligungsverfahren stattfinden lassen, sondern die Bürger*innen in Abstimmung mit sachverständigen Vertreter*innen aus dem Stadtteil und/oder in der Sache aktiven Gruppierungen kontinuierlich über die verschiedenen Planungsphasen hinweg beteiligen;
- Beteiligungsprozesse klar und verbindlich gestalten. Durch im Stadtparlament zu beschließenden Leitlinien, die festschreiben, was ein Beteiligungsprozess beinhalten muss und was mit den Beteiligungsergebnissen geschehen soll, muss dies sichergestellt werden.
- die demokratische Teilhabe von ausländischen Mitbürger*innen weiterhin durch den Ausländerbeirat sichern. Die Einrichtung einer Integrationskommission kommt für uns nicht infrage.
Lebendige Demokratie und Bürger*innenbeteiligung finden schließlich auch in Form von bürgerschaftlichem Engagement statt. Das bürgerschaftliche, freiwillige Engagement entspringt der individuellen Initiative Einzelner oder selbst konstituierter Gruppen, die sich für ein von ihnen bestimmtes, dem Gemeinwohl dienendes Feld engagieren, für das sie Gestaltungsbedarf, -notwendigkeit und -möglichkeiten sehen und entsprechend ohne fremden Auftrag tätig werden wollen. Die Entwicklung unserer Gesellschaft in allen ihren Bereichen – der Politik, der Umwelt, der Kultur, dem Bereich des Sozialen, dem Sport usw. – ist ohne dieses freiwillige, kreative, unbezahlte Tätigwerden der Bürger*innen nicht denkbar. Jüngstes Beispiel dafür ist das Engagement in der Flüchtlingshilfe. Oft ist dieses bürgerschaftliche Engagement der Grundstein für wichtige dauerhafte und professionelle Strukturen, z.B. in der Jugendhilfe oder der Behindertenarbeit. Um diese lebendige Demokratie zu erhalten setzen wir in Zeiten erstarkender antidemokratischer Kräfte auf eine stabile Finanzierung für Demokratie- und Teilhabeprojekte. Dazu braucht es demokratiefördernde Bildungsangebote und Extremismusprävention auch außerhalb des schulischen Kontexts.
Auf die vielen kreativen Impulse des bürgerschaftlichen Engagements für die Weiterentwicklung unserer demokratischen Gesellschaft wollen wir Grüne nicht verzichten und die Bürger*innen dabei unterstützen.
Wir GRÜNE wollen:
- die Weiterförderung der Beratungs- und Begleitungsmöglichkeiten von Menschen, die sich freiwillig engagieren wollen oder bereits engagieren durch die Freiwilligenagentur;
- kostengünstige bzw. kostenfreie Angebote für von Engagierten gewünschten Fortbildungsmaßnahmen;
- die Bereitstellung von Mitteln für dem Gemeinwohl dienende Freiwilligenprojekte, die nicht durch Spenden aufzubringende Kosten tragen können.