Grüne Sozialpolitik in Marburg: Für eine gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe

Ziel grüner Sozialpolitik ist es, Marburg als lebenswerte Stadt mit einer hohen sozialen Kultur und einem inklusiven Klima weiter zu entwickeln. Allen Bürger*innen soll die Teilhabe daran ermöglicht werden. Minderjährige, benachteiligte, ältere u.a. Menschen sollen die Hilfe und Unterstützung erhalten, die sie für ein soweit als möglich selbstbestimmtes und zufriedenstellendes Leben brauchen. Ihre individuellen Bedarfe dafür sind sehr unterschiedlich und erfordern deshalb eine Vielfalt von Hilfen und Unterstützungsmaßnahmen, die an ihren jeweiligen Möglichkeiten, Voraussetzungen und Fähigkeiten ansetzen. Gleichzeitig gilt es auch, sie vor Ausgrenzungen und Diskriminierungen zu schützen.

Kinder und Jugendliche

Unser Ziel ist es, positive Lebens- und Entwicklungsbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu schaffen. Wir wollen alle Kinder und Jugendlichen beim Aufwachsen unterstützen, besonders diejenigen, die aufgrund ihrer Herkunft, der Einkommenssituation ihrer Familie, ihres Geschlechts oder einer Behinderung in ihrer individuellen Entwicklung benachteiligt sind. Dafür wollen wir die Rahmenbedingungen in Marburg verbessern und eine zugewandte, liebevolle Erziehung in Familien, der Kindertagesbetreuung, der Jugendhilfe und den familienanalogen Einrichtungen der Erziehungshilfen ermöglichen. Der Sprache als zentraler Kompetenz für Teilhabe und Zusammenleben muss in der frühkindlichen Erziehung deutlich größere Beachtung geschenkt werden. Dies gilt vor allem für die Kinder, deren Eltern aus Kriegs- und Krisengebieten geflohen sind und kein oder wenig Deutsch sprechen. Durch umfassende Elternarbeit muss dafür gesorgt werden, dass diese Kinder Krippen und Kindertagesstätten besuchen.

Die Digitalisierung und soziale Medien spielen heute eine große Rolle in der Lebenswelt von Kindern und die Digitalisierung aller Lebensbereiche wird zukünftig weiter zunehmen. Die damit verbundenen Probleme wie z.B. soziale Isolation der Kinder infolge übermäßigen Medienkonsums, die Überforderung von Kindern aufgrund altersunangemessener Inhalte, die mangelhafte Qualifikation und die daraus resultierende mangelnde Fähigkeit der Erziehenden, Kinder vor Gefahren zu schützen und kritisch-konstruktiv zu begleiten, werden jedoch vielfach nicht hinreichend wahrgenommen und reflektiert.

Wir GRÜNE wollen:

  • ermöglichen, dass alle Kinder in Marburg Krippen und Kindertagesstätten besuchen, insbesondere auch Kinder aus Familien, die aus Kriegs- und Krisengebieten geflohen sind;
  • zum einen die interkulturelle Qualität der privaten und öffentlichen Betreuungseinrichtungen und die erforderliche Anzahl von Plätzen sicherstellen, zum anderen eine intensive Zusammenarbeit mit Familien ermöglichen, die neu in Marburg sind. Dies kann in Kooperation mit Gemeinwesenprojekten oder Familienzentren erfolgen;
  • Voraussetzungen schaffen, die es allen Kindern ermöglichen sollen, ihre jeweiligen Potentiale gut zu entwickeln. Dazu gehören frei verfügbare Zeit und offene Räume, die ihre Neugier, ihre Phantasie und ihre Sinne anregen, die sie selbst gestalten und in denen sie sich erproben können, in denen sie Neues, auch jenseits pädagogischer Vorgaben, in der Natur entdecken können;
  • verstärkt Aktivitäten in der Natur fördern, sowohl für Familien als auch für Krippen und Kindertagesstätten, weil sie in besonderer Weise zu einem gesunden Aufwachsen beitragen und gleichermaßen helfen, einen wertschätzenden Umgang mit der Natur einzuüben;
  • öffentliche Spielplätze verstärkt als Spielräume ausbauen und über die übliche Spielplatzmöblierung hinausgehende, naturbezogene Gestaltungsmöglichkeiten integrieren;
  • bei Projekten zur Erneuerung oder Modernisierung von Spiel- und Bolzplätzen sowie ähnlichen Einrichtungen stark auf eine Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen sowie der Elternschaft setzen;
  • die gezielte Förderung der sprachlichen Entwicklung und Verständigung aller Kinder, besonders jener aus Familien mit nur geringen oder keinen Deutschkenntnissen, ausbauen;
  • Qualifikationsmöglichkeiten für Erzieher*innen und Fachkräfte der Betreuungseinrichtungen in den Themenbereichen Naturerleben, Spracherwerb, Umgang mit Medien, Diskriminierung und Rassismuskritik sowie die Erweiterung von Kenntnis und Umgang mit traumatisierten Kindern.

Jugendpolitik muss verstärkt die Schulen nicht nur als Orte der Wissensvermittlung, sondern ebenso als Orte in den Blick nehmen, wo Kinder und Jugendliche einen immer größer werdenden Teil ihrer Lebenszeit verbringen, soziale Beziehungen haben und ihre Persönlichkeiten in Gemeinschaft mit anderen entwickeln. Schulen sind Orte, wo individuelle Probleme, aber auch Fähigkeiten und Begabungen wahrgenommen, Hilfe- sowie Förder- und Unterstützungsbedarfe erkannt und entsprechende Maßnahmen in die Wege geleitet werden können. Dafür muss es verstärkt Sozialpädagog*innen in den Schulen geben, erst recht vor dem Hintergrund der Entwicklungen hin zur Ganztagsschule. Bei allem ist allerdings auch Sorge dafür zu tragen, dass genügend Freiräume für eigenständige und pädagogikfreie jugendliche Aktivitäten offengehalten bleiben.

Der im Jahr 2020 veröffentlichte Marburger Jugendbericht macht deutlich, dass die Heranwachsenden und jungen Erwachsenen sich nicht oder zu wenig von der Stadt und sogar von den für die Jugend zuständigen öffentlichen und freien Trägern wahrgenommen fühlen. Sie sehen ihre Bedarfe, ihre Fähigkeiten, Erprobungs- und Selbstgestaltungswünsche, ihre Neigungen und Vorlieben wie auch ihre Inszenierungsbedürfnisse im öffentlichen Raum ignoriert. Jugendliche brauchen offene und selbstverwaltete Räume, wo sie sich ohne Konsumzwang treffen können. Ihr Freizeitverhalten insbesondere im öffentlichen Raum darf nicht kriminalisiert werden.

Wir GRÜNE wollen:

  • allen Jugendlichen einen offenen Zugang zu Teilhabe-, Erziehungs- und Bildungshilfen im Prozess des Erwachsenwerdens ermöglichen; auch ihre Familien müssen dabei einbezogen und entsprechend ihrem jeweiligen Bedarf unterstützt werden;
  • die sozialpädagogische Arbeit in Schulen, die dazu beitragen soll, individuelle Probleme und Entwicklungsmöglichkeiten bei den Kindern und Jugendlichen wahrzunehmen und die dafür erforderlichen Hilfe- sowie Unterstützungsmaßnahmen einzuleiten, weiter ausbauen. Die Kooperation der kommunalen Jugendhilfe mit den Gemeinwesenprojekten und anderen freien Trägern der Jugendhilfe ist dafür unabdingbar;
  • neue, vielfältige Formen der Kommunikation mit den Jugendlichen an jenen Orten, wo sie sich aufhalten – in Schulen, auf öffentlichen Plätzen wie den Lahnterrassen, auf Sportplätzen, im Internet usw. – auf den Weg bringen, um mit ihnen ihre Bedarfe und Wünsche zu klären, wie und wo diese umgesetzt werden können und wie dies möglichst ohne die bekannten Konflikte erfolgen kann;
  • sicherstellen, dass das, was verhandelt wurde, auch eine Umsetzung erfährt. Wir streben eine partizipative Begleitung der neuen, gemeinsam erarbeiteten Projekte durch Streetworker*innen an.

Menschen mit geringem Einkommen, Menschen in Notlagen

Bürger*innen, die von Transferleistungen wie Hartz IV abhängig sind, deren Einkommen unterhalb oder nur wenig oberhalb der Armutsgrenze liegt, die wohnungslos sind usw. bedürfen oft ergänzender finanzieller Unterstützung zur Sicherung des Lebensunterhalts und für Teilnahmemöglichkeiten an den Freizeit- und kulturellen Angeboten der Stadt. Wir wollen dafür Sorge tragen, dass die Stadt Marburg neben den bisherigen Leistungen des Stadtpasses ergänzende Leistungen anbietet, bspw. die kostenlose Nutzung des ÖPNV, bessere Bedingungen für die Teilnahme am kulturellen Leben, an kulturellen Veranstaltungen und an Bildungsangeboten sowie Zuschüsse zur Miete, wenn Mieterhöhungen den Wohnungswechsel erzwingen. Zugleich müssen für die Reintegration von Menschen ohne Arbeit in den Arbeitsmarkt verstärkt Weiterbildungsmöglichkeiten, Praktika usw. angeboten werden. Für Jugendliche, die ohne Abschluss die Schule verlassen oder ihre Ausbildung abbrechen, gibt es bereits einige gute Ansätze, die weiter ausgebaut werden müssen.

Aufgrund steigender Mieten sehen sich immer mehr Menschen in Marburg in die Wohnungslosigkeit gedrängt. Aber auch infolge anderer Ereignisse, etwa einer Suchterkrankung, Trennung, Räumungsklage oder dem Verlust des Arbeitsplatzes verlieren viele Menschen jährlich ihre Wohnung. Für uns ist klar: Der beste Schutz vor Wohnungslosigkeit ist erschwinglicher Wohnraum für alle Marburger*innen. Darüber hinaus müssen den Bedürfnissen von wohnungslosen Menschen entsprechende Angebote wie die gleichzeitige medizinische und psychotherapeutische Betreuung, die Bereitstellung von abschließbaren Rückzugsräumen oder die Möglichkeit der Unterbringung von Begleittieren weiter ausgebaut werden.

Die Corona-Pandemie hat all diese Probleme verstärkt und erfordert eine erhöhte Aufmerksamkeit der Stadt für die wachsenden Hilfebedarfe der Marburger Bürger*innen.

In Marburg gibt es nach wie vor eine große Nachfrage nach kostengünstigen und barrierefreien Wohnungen. Hier müssen verstärkt öffentliche Wohnungsbauträger in die Pflicht genommen und Anreize für private Bauträger geschaffen werden. Dabei ist auch sicherzustellen, dass keine Gentrifizierung erfolgt.

Wir GRÜNE wollen:

  • ergänzende Leistungen für finanzschwache Marburger*innen wie die kostenlose Nutzung des ÖPNV, bessere Bedingungen für die Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen und Bildungsangeboten sowie Zuschüsse zur Miete;
  • den Ausbau von Unterkünften und flexibel nutzbaren Wohnungen für die zeitweise Unterbringung von wohnungslosen Menschen;
  • den Ausbau und die Ergänzung von Hilfe- und Beratungsangeboten durch aufsuchende Sozialarbeit;
  • die bedarfsgerechte Sicherung des Kälteschutzes im Winter;
  • den Ausbau der Zusammenarbeit mit und finanzielle Unterstützung von zivilgesellschaftlichen Trägern, z.B. beim Aus- und Umbau bestehender Unterkünfte;
  • den Ausbau des Programms zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt und die Rückkehr in eine eigene Wohnung;
  • eine hohe Aufmerksamkeit für die sich in Corona-Zeiten verstärkenden Hilfebedarfe von Marburger Bürger*innen und zeitnahe Maßnahmen.

Menschen mit körperlichen, psychischen und kognitiven Einschränkungen

Für alle Menschen in Marburg – auch diejenigen mit körperlichen, psychischen und kognitiven Einschränkungen – muss die Chance gegeben sein, eine so weit wie möglich selbstbestimmte Lebensführung zu realisieren und aktiv am Leben in der Gesellschaft, an Freizeit- und Kulturangeboten teilzunehmen.

Wir GRÜNE wollen:

  • die dafür erforderlichen barrierefreien Infrastruktureinrichtungen in öffentlichen Bauten (z.B. die Sanitäranlagen im Erwin-Piscator-Haus), im Wegenetz, beim Wohnungsneubau und im ÖPNV voranbringen;
  • bedarfsdeckende Assistenz- und Pflegeleistungen in der Kommune absichern;
  • den bedarfsgerechten Ausbau haushaltsnaher Dienstleistungen mit neuen Initiativen, unterstützt durch die Stadt, erreichen;
  • die Bedingungen für die Teilhabe aller Menschen am politischen Leben verstärkt in den Blick nehmen und alle dafür erforderlichen Maßnahmen schaffen/bereitstellen, z.B. einfache Sprache in Verwaltungsmitteilungen, leichte Sprache für Menschen mit Einschränkungen, erweiterte Zugänglichkeit für Sehbeeinträchtigte oder der Einsatz von Gebärdensprache;
  • diese Teilhabemaßnahmen in Kooperation und mit Unterstützung des Behindertenbeirats und anderer Gremien und Verbände der Behindertenarbeit umsetzen.

Mit dem Inkrafttreten des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) ist die Stadt für Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen bis zum Schulabschluss sowie für die erst im Alter hilfebedürftig gewordenen Menschen zuständig. Damit wurden die Möglichkeiten verbessert, die Hilfeleistungen deutlicher und unbürokratischer unmittelbar an den Bedarfen der Betroffenen zu orientieren.

Wir GRÜNE wollen:

  • die Kooperation der Stadt mit den Betroffenen und den beteiligten freien Trägern für die Planung des Sozialraums und die Entwicklung der Hilfestrukturen insgesamt vorantreiben;
  • die Kinder- und Jugendhilfe für alle Kinder mit und ohne Beeinträchtigungen öffnen.

Menschen im Alter

Nach ihrem Erwerbsleben nehmen Bürger*innen zunehmend an der Gestaltung des sozialen und kulturellen Lebens teil. Sie sind ein wichtiger Bestandteil der lebendigen und kreativen Zivilgesellschaft der Stadt. Zumeist im fortgeschrittenen Alter lassen jedoch die dafür und für die Alltagsbewältigung erforderlichen Kräfte nach. Deshalb benötigen sie dann häufig ergänzende Hilfen. Alle jüngeren Umfragen zeigen, dass sowohl behinderte als auch ältere hilfebedürftige Menschen es in großem Umfang ablehnen, in Heimen zu leben. Sie wollen so lange wie möglich in ihrer bisherigen Wohnung oder wenigstens in ihrem bisherigen Umfeld leben.

Wir GRÜNE wollen:

  • sicherstellen, dass die für ein selbständiges Leben bei nachlassenden Kräften erforderlichen Hilfen zur Verfügung stehen;
  • dafür Sorge tragen, dass neue Initiativen für haushaltsnahe Dienstleistungen auf den Weg gebracht werden, die wohnortnah abrufbar sind, damit ältere Bürger Teil einer Nachbarschaft bleiben können;
  • statt der Schaffung neuer stationärer Einrichtungen den Ausbau ambulanter, quartiersbezogener Strukturen mit nachbarschaftlichen Hilfen und Angeboten vorantreiben, um Isolation und Vereinsamung zu verhindern;
  • Begegnungs- und Engagementmöglichkeiten sowie gemeinsame Freizeitgestaltung (z.B. nach dem Bielefelder Modell) analog zu den bereits existierenden Nachbarschaftsprojekten und Initiativen der Bürger(selbst)hilfe weiter ausbauen;
  • die Einführung eines Quartiersmanagements in allen Stadtteilen Marburgs, welches Treff-, Beratungs- und Hilfsangebote koordiniert und vermittelt;
  • die Entwicklung von Quartiersstrukturen in Kooperation und mit Unterstützung der Ortsbeiräte und Gemeinwesenprojekte vorantreiben.

Menschen, die vor Verfolgung, Krieg oder Armut geflohen sind

Menschen, die vor Verfolgung, Krieg oder Armut nach Deutschland geflohen sind, brauchen die Unterstützung der Stadt und der Stadtgesellschaft, besonders jene, die krank oder traumatisiert sind. Die Integration in das Leben der Stadt und die Gestaltung eines selbstbestimmten Lebens macht umfängliche Unterstützung erforderlich. Dazu gehört u.a. die Bereitstellung der notwendigen Ressourcen für eine menschenwürdige Versorgung, insbesondere in den Bereichen Wohnen, medizinische Versorgung und Bildung. Wir wollen uns für Bleibeperspektiven und, im Rahmen der kommunalen Möglichkeiten, gegen Abschiebungen einsetzen.

Neben der Grundversorgung ist eine gute Sprachförderung sehr wichtig. Sie wird derzeit nicht ausreichend durch die mit dem Asylantrag und dem Aufenthaltsrecht verbundenen Pflichtveranstaltungen gewährleistet. Gute Sprachförderung sollte alle Gruppen erreichen, auch jene, die wenig Kontakt zum Leben in dieser Stadt haben, nicht erwerbstätig oder in Ausbildung sind. Mögliche Orte, um diese Menschen zu erreichen, könnten z.B. Krippen, Kindertagesstätten, Familienzentren, nachbarschaftlichen Frauentreffs usw. sein. Gleichzeitig muss aber auch jenen, die der deutschen Sprache noch nicht mächtig sind, ein spürbares Entgegenkommen in öffentlichen Einrichtungen und Ämtern gezeigt werden. Hier sollen Verwaltungsmitarbeitende, die eine Sprache der Geflüchteten beherrschen oder Englisch sprechen, zur Verfügung stehen. Wichtige Dokumente sollen in verschiedenen Sprachen vorhanden sein.

Für die Teilhabe am Leben der in Stadt, z.B. beim Sport, in der Kultur oder in Vereinen sind neue Wege zu eröffnen, z.B. Patenschaften oder Vereinsmitgliedschaften. Zur Gestaltung eines selbstbestimmten Lebens gehört wesentlich die Erwerbstätigkeit. Dafür bedarf es vielfältiger Formen der Unterstützung bei der Ausbildung und der Suche nach Arbeitsplätzen.

Wir GRÜNE wollen:

  • den Ausbau der Hilfen für Traumatisierte, vor allem Kinder und Jugendliche;
  • den Ausbau der Sprachförderung durch gezielte Angebote für spezifische Gruppen vor allem an Orten, wo diese sich aufhalten;
  • die Förderung ehrenamtlicher Begleitstrukturen für die Verbesserung der Teilhabemöglichkeiten am Leben der Stadt;
  • den Ausbau der Hilfen bei der Suche nach Ausbildungs- und Arbeitsplätzen;
  • der hessischen Landesregierung und der Bundesregierung anbieten, zusätzliche Geflüchtete über die festgelegte Quote hinaus aufzunehmen.

Maßnahmen gegen Rassismus, Diskriminierung und Ausgrenzung

Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit hat in Deutschland leider eine lange Tradition. Auch in Marburg sind Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer (zugeschriebenen) Herkunft oder Religionszugehörigkeit, ihrer körperlichen, geistigen und seelischen Behinderungen, ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität vielfach Angriffen und/oder Diskriminierungen ausgesetzt. Das zeigt sich z.B. durch Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt, bei der Anmietung von Wohnungen und bei der Behandlung durch Behörden. Weniger wahrgenommenen, aber nicht minder beklagenswert sind Formen von Demütigungen, Herabsetzungen und Erniedrigungen, die Menschen mit Behinderung, insbesondere auch Frauen oder People of Colour mit Behinderung erfahren. Unser aller Aufgabe ist: Zusammenstehen, Hinsehen, Einschreiten. Wir müssen als Stadt, als Gesellschaft und als Individuen Antirassist*innen sein, uns aktiv gegen alle Formen der Diskriminierung und Ausschließung von Menschen aus der Stadtgesellschaft einsetzen und unsere eigene Sozialisierung hinterfragen, um eine offene, rassismuskritische und tolerante Kommune zu schaffen.

Eine Antidiskriminierungs- oder Ombudsstelle im Rathaus wäre ein wichtiges Instrument, um im Sinne des Art. 3 des Grundgesetzes gegen alle Formen der Ausgrenzung vorzugehen und diese öffentlich zu thematisieren. Darüber hinaus kann sie Betroffene beraten, ihnen helfen, die für ihre Belange und Probleme zuständigen und qualifizierten Trägern/Einrichtungen zu finden und über Finanzierungmodalitäten, Antragsstellungen usw. informieren. Die bereits durchgeführte Studie über Frauen und Mädchen mit Beeinträchtigungen sollte ergänzt werden um eine wissenschaftliche Studie zu rassistischer Diskriminierung von Marburger*innen im Alltag und bei Behörden.

Um all diese Aufgaben wahrnehmen zu können, muss die interkulturelle Kompetenz der öffentlichen Bediensteten durch Fort- und Weiterbildungsangebote gestärkt werden. Bei all diesen Maßnahmen muss mit dem Ausländerbeirat kooperiert werden.

Wir GRÜNE wollen:

  • eine Antidiskriminierungsstelle im Rathaus einrichten, die im Sinne des Art. 3 GG gegen alle Formen der Ausgrenzung vorgeht;
  • eine wissenschaftliche Studie zu rassistischer Diskriminierung von Marburger*innen im beruflichen und außerberuflichen Alltag und bei Behörden;
  • die Entwicklung von Konzepten, die von Kindereinrichtungen und Schulen genutzt werden können, um präventiv gegen Rassismus, Diskriminierung und Ausgrenzung zu arbeiten;
  • die Förderung antirassistischer und interkultureller Initiativen, z.B. indem kostenfreie kommunale Räumlichkeiten dafür zur Verfügung gestellt werden;
  • Fortbildungsangebote, die die interkulturelle Kompetenz und die Sensibilisierung für Rassismus stärken, für Mitarbeiter*innen öffentlicher und privater Träger ausbauen;
  • in Absprache mit Betroffenenverbänden geeignete Gedenkorte für Opfer rechtsextremer und rassistischer Gewalt erarbeiten und ausbauen.

Maßnahmen zur Gesundheitsförderung

Maßnahmen zur Gesundheitsförderung dienen vor allem der Prävention. Sie betreffen alle Personengruppen der Stadtgesellschaft und dürfen sich nicht alleine auf ihre individuelle Situation beziehen, sondern auch auf die Bedingungen und Verhältnisse, in denen sie leben. Wir unterstützen einen lebensweltlichen Ansatz, der die Ungleichheit der Ressourcen der Menschen in den Blick nimmt und die Möglichkeiten der Kommune, dem entgegenzusteuern.

Geringes Einkommen und mangelnde Nutzungsmöglichkeiten von Bildungsangeboten führen zu ungleichen Gesundheitschancen und geringerer Lebensdauer. Hier bedarf es gezielter Maßnahmen, um die Gesundheitsgefährdungen zu reduzieren. Dabei muss vor allem eine gesunde Ernährung, die körperliche Mobilität, der Zugang zu Versorgungssystemen und ihre Nutzung im Zentrum stehen.

Wir GRÜNE wollen:

  • nicht belehren, sondern erfahrbar machen, wie gesunde Ernährung stattfinden kann, etwa durch die Öffnung der Beteiligungsmöglichkeiten an Projekten wie „Essbare Stadt“, Selbsterntefelder und interkulturelle Gärten. Die damit verbundene familiäre Selbstversorgung wirkt sich auch ökonomisch aus;
  • die Möglichkeit eröffnen, dass wohnortnah Ökobauernhöfe entstehen, die nicht nur sicht- und erfahrbar machen, wie gesunde Nahrungsmittel entstehen, sondern deren Produkte man auch vor Ort kaufen kann;
  • den Ausbau von Streuobstwiesen, auch mit alten resistenten Sorten, und ihre umfänglichere Nutzung vorantreiben und damit nicht nur die Geschmacksvielfalt der Früchte erfahrbar machen, sondern auch ein besseres Verständnis darüber fördern, was regionale und saisonale Versorgung bedeuten;
  • in allen Quartieren der Stadt vielfältige Bewegungsmöglichkeiten für alle Generationen schaffen, die zum Bewegen anregen und Kindern als Naturerfahrungsräume dienen, die sie sich selbst aneignen und „erobern“ können. Undefinierte Freiflächen wie jene an der Lahn haben dies bereits gut eingeleitet;
  • die vorhandenen Sport- und Bewegungsräume in Schulen, bei Vereinen u.a. besser und effizienter nutzen für passgenauere, attraktive und wohnortnahe Angebote und Bedarfe, um insbesondere Kindern, Jugendlichen und sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppen erleichterte Zugänge zu Bewegungsangeboten (vor allem auch im Winter) zu bieten und Integration zu fördern;
  • in den zentrumsfernen Stadtteilen einen erleichterten Zugang zu medizinischer, psychologischer und physiotherapeutischer u.a. Versorgung schaffen durch die Bereitstellung von Räumen für ambulante Sprechstunden, angeboten durch ein Netzwerk an Mediziner*innen und Therapeut*innen.