Stadtentwicklung in Marburg: Sozial und ökologisch

Stadtentwicklung muss Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Freizeit, Erholung und Mobilität miteinander und vor dem Hintergrund der zentralen Herausforderung des Klimawandels denken. Zudem gilt es, die vielen verschiedenen Stadtviertel, Außenstadtteile und Quartiere mit ihren jeweiligen Identitäten und Herausforderungen zu bewahren und weiterzuentwickeln.

„Bauen, Bauen, Bauen“, wie von den Regierungsparteien dogmatisch propagiert, ist aus unserer Sicht weder sozial noch ökologisch nachhaltig, denn es ignoriert die sensiblen Fragen was wo wie für wen gebaut wird sowie die ökologischen Folgen des Bauens – Stichwort Flächenverbrauch.

Unsere Leitsätze zur Stadtentwicklung

Leitlinie grüner Stadtentwicklungspolitik ist weiterhin das Credo „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“. Dazu sollen innerstädtische Freiflächen und Leerstände aktiviert und eine maßvolle Verdichtung unter Berücksichtigung des Erhalts von Grünflächen angestrebt werden.

Eine stärkere Mischnutzung von Gewerbe und Wohnen wollen wir schon aus Gründen der Reduzierung des Flächenverbrauchs ermöglichen.

Sofern notwendig soll die Ausweisung neuen Baulands in den Stadtteilen dort erfolgen, wo dies ökologisch verträglich und eine gute Verkehrsanbindung gegeben ist. Dabei gilt es, sich an den zentralen Verkehrsachsen B3 und Main-Weser-Bahn soweit wie möglich zu orientieren.

Denkbar ist vor diesem Hintergrund sowohl eine städtebauliche Entwicklung in Gisselberg als auch in Cappel. Darüber hinaus sind Planungen in Bauerbach, Moischt und Schröck aus unserer Sicht denkbar, wenngleich unter ökologischem Vorbehalt. In jedem Fall gilt es aber, vor Eintritt in Planungen das Gespräch mit den Ortsbeiräten als gewählten Vertreter*innen der Stadtteile, zu suchen.

Die laufenden Planungen am Hasenkopf im Stadtwald und am Oberen Rotenberg in Marbach wollen wir unter ökologischen und sozialen Gesichtspunkten gestalten. Eine über die aktuell beplanten Flächen hinausgehende Bebauung lehnen wir ab.

Jedwede Baumaßnahme muss mit dem gebotenen Maß an Ästhetik, Sensibilität und Augenmaß erfolgen. Insbesondere die vielen stadtbildprägenden Ensembles und denkmalgeschützten Einzelbauten bedürfen einer besonderen Berücksichtigung bei künftigen Planungs- und Bauvorhaben.

Die Arbeit des Beirats für Stadtgestaltung und des Denkmalbeirats sind unverzichtbarer Bestandteil der Sicherung einer qualifizierten Baukultur in Marburg. Die konstruktive Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Architektur in Marburg muss auch über die Beiräte hinaus durch Informations- und Diskussionsplattformen abgesichert werden.

Neben der Pflege des historischen Stadtbildes sind Wege in der Stadtgestaltung erforderlich, die von den Bedürfnissen der Bewohner*innen, ökologischer Verträglichkeit und sozialer Ausgewogenheit geprägt sind.

Die städtebauliche Planung soll allen Lebenslagen der Bürger*innen gerecht werden. Dabei spielt Barrierefreiheit eine zentrale Rolle.

Wir GRÜNE wollen:

  • eine nachhaltige Planungspolitik, die eine soziale und ökologische Entwicklung unserer Stadt gewährleistet;
  • dafür Sorge tragen, dass das historische Stadtbild erhalten bleibt;
  • die hohe Lebensqualität sowie gesunden Lebensverhältnisse in allen Teilen der Stadt weiterentwickeln;
  • gleichzeitig Aspekte des sozialen Zusammenlebens und der Barrierefreiheit berücksichtigen – im privaten und im öffentlichen Raum;
  • uns dafür einsetzen, dass Magistrat und Parlament ihre Planungshoheit aktiv nutzen, um Marburgs Stadtentwicklung sozialökologisch zu gestalten;
  • in diesem Zusammenhang Grundstücke, die in städtischer Hand oder im Eigentum ihrer Gesellschaften sind, im Erbbaurecht zur Verfügung zu stellen;
  • dafür Sorge tragen, dass im Rahmen der Planung eine umfängliche Beteiligung der Bürger*innen, insbesondere in den betroffenen Quartieren und Stadtteilen, sowie der jeweiligen Ortsbeiräte stattfindet;
  • Initiativen der Zivilgesellschaft und die „Agenda 21“-Arbeitsgruppen stärker und frühzeitig an Stadtentwicklungsprozessen beteiligen;
  • eine Verbesserung der Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum durch mehr Begrünung, Sitzgelegenheiten und Spielmöglichkeiten;
  • mehr kostenlos nutzbare, öffentliche Toiletten (beschildert und barrierefrei);
  • Lebensqualität auch durch Sauberkeit, Müllvermeidung und zuverlässige Abfallentsorgung erhöhen.

Innenstadtentwicklung

Marburgs Zentrum hat im Rahmen vielfältiger Prozesse in den vergangenen Jahren sein Gesicht verändert. Die Universität hat ihren neuen Campus Firmanei mit positiven Effekten auf das Campusviertel und die nördliche Altstadt eröffnet. Diesen Veränderungen und Effekten müssen städtebauliche Maßnahmen folgen, die den veränderten Verhältnissen und Strukturen gerecht werden. Darüber hinaus erleben wir in den innerstädtischen Ortsbezirken eine zunehmende soziale Entmischung und Verdrängungseffekte. Um die systematische Verunmöglichung von bestimmten Wohnformen durch bauliche Veränderungen oder die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen sowie Zweckentfremdung zu unterbinden, muss die Stadt regulierend u.a. durch Erhaltungssatzungen oder eine Ferienwohnungssatzung eingreifen, damit auch in den Innenstadtlagen (Miet-)Wohnraum für Familien und Senioren gesichert bzw. geschaffen werden kann und auch gemeinschaftliche Wohnprojekte, z.B. Hausgemeinschaften, nicht verdrängt werden.

Wir GRÜNE wollen:

  • eine maßvolle Verdichtung der Innenstadtbebauung durch bauliche Ergänzungen und Aufstockungen unter Berücksichtigung der Erhaltung von Grün- und Freiflächen einerseits und Wohnqualität andererseits;
  • durch baurechtliche Maßnahmen wie Erhaltungssatzungen die städtebauliche Gestalt und die soziale Durchmischung in den innerstädtischen Quartieren erhalten und fördern;
  • die Errichtung eines Verkehrsknotens Mitte an der alten UB mit einem verbessertem ÖPNV-Anschluss an die Innenstadt und die Lahnberge;
  • die Errichtung eines Verkehrsknotens Nord auf dem Afföllergelände vor dem Café Trauma zur Entlastung der Nordstadt;
  • ergebnisoffen über die Zukunft der Marburger Stadtautobahn und mögliche bauliche Alternativen diskutieren;
  • den seit längerem geplanten Umbau des Rudolphsplatzes endlich angehen;
  • uns für eine stärkere Umwandlung von bislang gewerblich genutzten Gebäuden und Arealen für den Wohnungsbau einsetzen.

Entwicklung der Außenstadtteile

Wir setzen auch in Zukunft auf starke Außenstadtteile mit eigener Infrastruktur und gewachsenen Strukturen. Das Leben in den Stadtteilen muss für alle Generationen und Gruppen der Gesellschaft attraktiv sein. Wir wollen deshalb die Stadtteile in den Bereichen Wohnen, Leben, Einkaufen und Arbeiten weiter stärken. Für den Bezug zur Innenstadt sind die Sicherung und der verstärkte Ausbau einer umweltverträglichen Verkehrsanbindung der Stadtteile zwingend erforderlich. Dafür müssen Angebote geschaffen werden.

Der Grundsatz des Erhalts und der Förderung der Biodiversität ist für uns auch mit Blick auf die Außenstadtteile grundlegend. Daher gilt für uns auch hier der Grundsatz „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“, um dem drohenden Leerstand in den Ortskernen der Außenstadtteile zu begegnen. Vor allem aber bietet sich so die Chance, die historischen Kerne unserer Stadtteile lebenswert zu halten und für einen Zuzug attraktiv zu machen. Zudem bietet sich so die Chance, die historischen Kerne unserer Stadtteile lebenswert zu halten und für einen Zuzug attraktiv zu machen. Dabei ist der Trialog mit den Ortsbeiräten, dem Denkmalschutz und den Kaufinteressierten zu begleiten, um die jeweiligen Interessen in einem guten Miteinander zusammenzuführen.

Es ist nicht nachhaltig, Neubaugebiete und unbebaute Flächen im Innenbereich der Stadtteile zu bebauen, wenn gleichzeitig ältere Liegenschaften zunehmend weniger genutzt werden und leer verbleiben.

Wir GRÜNE wollen:

  • wohnortnahe Infrastruktur erhalten und erweitern;
  • Baulandausweisung nur dort, wo es ökologisch und verkehrlich verträglich ist;
  • die Nutzung leerstehender Häuser und Höfe in den Ortskernen durch Förderprogramme attraktiver machen;
  • preiswerten Mietwohnraum in den Außenstadtteilen, z.B. für Familien, schaffen;
  • unnötigen Flächenverbrauch und die damit einhergehende Versiegelung verhindern;
  • die sozialstrukturellen Bedingungen im Rahmen von Städtebauförderprogrammen in den verschiedenen Stadtteilen weiter verbessern.