Gleichstellungspolitik in Marburg: Her mit dem guten Leben!

Grüne Sozialpolitik lebt von feministischen, auf Gleichstellung aller Geschlechter abzielenden Forderungen und ist bestrebt, diese konsequent umzusetzen. Unser Ziel ist es, Marburgs Status als offene, diverse Stadt zu verteidigen und neben der Diskriminierung von Menschen, die behindert werden, neben Altersdiskriminierung, Antisemitismus, Klassismus und Rassismus insbesondere auch der Diskriminierung, die auf Geschlecht und Sexualität zurückzuführen ist, keinen Raum zu bieten. In einem ersten Schritt sind deshalb allgemeingesellschaftliche Fortschritte zu forcieren: Für uns ist eine dezidierte Kritik an bestehenden Geschlechterstereotypen unabdingbar. Dabei ist es essenziell, nicht nur weibliche Rollenbilder zu hinterfragen, sondern insbesondere auch Männer in den Blick zu nehmen und einzubeziehen.

Wir GRÜNE wollen:

  • die Einstellung männlicher Erzieher in den städtischen Kindertagesstätten unterstützen;
  • Hospitationstage für Frauen bei der Feuerwehr etablieren;
  • Angebote zur Entwicklung einer aktiven Vaterschaft unterstützen;
  • eine kritische Auseinandersetzung mit stark ungleichen Besetzungen in städtischen Gremien;
  • Monitoring des Redeverhaltens bei städtischen Veranstaltungen und Gremien;
  • Angebote für Frauen im Bereich Finanzen und Digitales, um Unabhängigkeit zu fördern und u.a. Altersarmut entgegenzuwirken.

Ebenso wichtig wie die gesamtgesellschaftliche Sichtbarkeit von gleichstellungspolitischen Fragen ist es, Frauen und Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans, Inter, und Queers (LSBTIQ) Schutzräume zu bieten und das Schweigen über geschlechter- bzw. sexualitätsbezogene Diskriminierung zu brechen; bestehenden Strukturen wollen wir Entwicklungsspielräume ermöglichen und deren Bestand sichern.

Wir GRÜNE wollen:

  • Benennung einer Ansprechperson für LSBTIQ in Jugendamt und Stadtverwaltung. Dieser Aufgabenbereich soll durch eine dafür geschaffene Stelle mit fester Mittelzuweisung abgedeckt werden;
  • Förderung der Selbstorganisation queerer Menschen vor Ort;
  • Berücksichtigung von Gender/Sex in den Konzepten von Jugendhilfeeinrichtungen;
  • Erinnerungskultur zu LSBTIQ;
  • Fort- und Weiterbildungen für Mitarbeiter*innen des Jugend- und Einwohnermeldeamts;
  • die Sensibilisierung städtischer Einrichtungen und freier Träger für die Bedarfe älterer LSBTIQ;
  • Hygieneartikel in den sanitären Anlagen städtischer Einrichtungen;
  • zusätzliche genderneutrale Toiletten bei Neubau/Sanierung seitens der Stadt bzw. Umbenennung vorhandener Männertoiletten in öffentlichen Gebäuden;
  • Wickeltische in allen Toiletten.

Den Blick über den Tellerrand hinaus wollen wir nicht zuletzt auch durch vielfältige Bildungs- und Beratungsangebote fördern. Wir unterstützen ausdrücklich die Arbeit der freien Träger im sozialen und kulturellen Bereich und ermutigen sie, kreative und innovative Konzepte zu entwickeln, welche Gleichstellung in der Stadt als partizipative Angelegenheit begreifen und vermitteln. Darüber hinaus wollen wir schon in der frühkindlichen Bildung Konzepte zur kritischen Reflektion von Geschlechterbildern unterstützen.

Wir GRÜNE wollen:

  • einen Fachaustausch mit unseren (inter-)nationalen Partnerstädten zum Thema Gleichstellung;
  • den zusätzlichen Erwerb nicht stereotyper Literatur in Kindertagesstätten;
  • eine Wiederholung des Frauenmentorings der Stadt;
  • verwaltungsinterne Fortbildungen für Frauen (z.B. zum Thema Selbstbehauptung).

Als familienfreundliche Stadt wollen wir die Teilhabe von Familien weiter verbessern. Wir sehen das Thema als Querschnittsthema, welches bei diversen Anliegen mitberücksichtigt werden muss; wir sehen Familie dabei als vielfältiges Gebilde mit ganz unterschiedlichen Lebensrealitäten, welche Eingang in städtische Konzepte finden sollen. In Zukunft wollen wir den Blick stärker auf Betreuung während ehrenamtlicher Tätigkeit sowie städtischer Veranstaltungen richten.

Für eine familienfreundliche Gestaltung von Gremienarbeit und Teilnahme an städtischen Veranstaltungen muss eine adäquate Kinderbetreuung nach den Bedürfnissen der Betroffenen sichergestellt werden. Dazu sollen Veranstaltungskonzepte genau betrachtet und, wenn nötig, angepasst werden. Eine geschlechtersensible Analyse der Teilnahmen an Veranstaltungen kann hier eine Möglichkeit sein. Die Erfahrungen mit den coronabedingten Einschränkungen von Veranstaltungen und die damit verbundene Verlegung ins digitale bzw. die Ergänzung von Veranstaltungen durch digitale Teilnahme wollen wir nutzen, um Personen in Betreuungssituationen eine angemessene Teilhabe zu ermöglichen.

Wir GRÜNE wollen:

  • bessere Vereinbarkeit von Ehrenamt und Familie durch angepasste Sitzungszeiten;
  • Betreuungsangebote/-zuschuss bei städtischen Veranstaltungen, Gremien und im Ehrenamt;
  • Veranstaltungen der Stadt auf Geschlechtergerechtigkeit prüfen;
  • Ausbau der Unterstützungsangebote für Alleinerziehende;
  • Berücksichtigung von Familien bei größeren Infrastruktur- und Bauprojekten;
  • Thematisierung von Gewalt unter der Geburt und Erarbeitung von Gegenstrategien.

Gerade für Frauen stellt die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben oft eine besondere Herausforderung dar. Um echte Chancengleichheit zu ermöglichen, wollen wir auch auf wirtschaftlicher Ebene ansetzen, um die Lücke zwischen den Geschlechtern im Berufsleben zu schließen – der Equal Pay Day markiert, bis zu welchem Tag im Jahr Frauen arbeiten müssen, um auf das gleiche Gehalt der männlichen Mitbürger zu kommen. Dies ist ein wichtiges öffentliches Zeichen, das uns klar auffordert, an dieser Stelle aktiv zu werden.

Wir GRÜNE wollen:

  • die Beratung hinsichtlich Teilzeitarbeit und Unterstützung bei Wiederaufstockung;
  • die Auslobung eines Equal-Pay-Preises, welcher vorbildliche Unternehmen auszeichnet;
  • beratende Hilfen für Frauen am unteren Gehaltsrand;
  • gendersensible und gleichstellungsorientierte Auftragsvergabe seitens der Stadt;
  • Informationen zur Alterssicherung für Frauen;
  • geschlechterdifferenzierte Auswertung von städtisch gewährten Betriebsrenten;
  • Perspektivengespräche bei anstehender Elternzeit;
  • eine städtische Vereinbarung zur Frauenquote in Aufsichtsräten;
  • den Ausbau des städtischen Ausstiegsprogramms aus der Prostitution.

Trotz eines einsetzenden Wandels in der Gesellschaft ist Gewalt gegen Frauen noch immer ein massives Problem, welches auch in Marburg fortwährend thematisiert werden muss. Die Debatten um öffentliche und private Angsträume in den vergangenen Jahren zeigen den dringenden Handlungsbedarf; nicht zuletzt deshalb ist eine kostenfreie Rechtsberatung sowie Spurensicherung nach sexualisierter Gewalt unabdingbar. Gemeinsam mit besonders vulnerablen Frauengruppen wollen wir mehr Selbstorganisations-, Partizipations- und Schutzräume erarbeiten. Dabei nehmen wir auch den Einfluss von Mehrfachdiskriminierungen auf die Bedarfe, z.B. von Frauen mit Migrationsgeschichte, in den Blick.

Wir GRÜNE wollen:

  • gezielte Bildungsangebote schaffen;
  • herkunftssprachliche Beratungen schaffen bzw. ausbauen;
  • gemeinsam mit dem Frauenhaus und Fraueninitiativen Schutz vor Retraumatisierung bieten;
  • in Zusammenarbeit mit Gynäkolog*innen das Thema Genitalverstümmelung sichtbar machen;
  • eine Ausbildungsberatung für erwachsene, arbeitslose Frauen mit Fluchtgeschichte anbieten.

Darüber hinaus sind uns die Bedarfe von Mädchen und Frauen mit Behinderung ein wichtiges Anliegen. Denn wie auch Frauen mit Migrationsgeschichte haben sie mit Mehrfachdiskriminierung zu kämpfen, haben also zusätzliche Hindernisse im Alltag zu bewältigen. Die Thematisierung von Mehrfachdiskriminierung muss Basis jedes feministischen Einsatzes für Gleichberechtigung sein.

Wir GRÜNE wollen:

  • einen Ausbau geschlechtsspezifischer Pflegeangebote;
  • die Schaffung behindertengerechter Angebote des Frauenhauses sowie von Beratungsstellen;
  • die Stärkung von Peer-Beratungsangeboten;
  • Gewaltprävention und -intervention in Einrichtungen der Behindertenhilfe;
  • die Fortsetzung des Projekts SUSE (Hilfe bei Gewalt gegen Mädchen/Frauen mit Behinderung).

Grundlegend ist ein hohes Maß an Selbstreflexion für uns Grüne sehr wichtig: Wir sind gerade deshalb auf den engen Austausch mit Betroffenengruppen, Initiativen und Verwaltungsmitarbeiter*innen angewiesen und stellen uns der Herausforderung, auch hier immer wieder neue Ansätze zu erproben und bestehende Angebote zu evaluieren.